Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe

SENKUNGSZUSTÄNDE UND HARNINKONTINENZ

Eine Senkung der Gebärmutter und / oder der Scheidenwände sind ein häufig auftretendes Beschwerdebild. Der definitive Anteil der Betroffenen in der Gesamtbevölkerung ist weitgehend unbekannt, da diesbezügliche Beschwerden und Symptome mit einem hohen Schampegel behaftet sind.

Meist zögern Frauen jahrelang, bevor sie wegen zunehmender Beschwerden einen Arzt aufsuchen. Konkret handelt es sich meist bei diesen Senkungen um Bruchbildungen im Beckenbodenbereich, vergleichbar mit Leistenbrüchen. Hierbei senken sich Scheide und/oder Gebärmutter tiefer und unter den Beckenboden ab, als es ihrer natürlichen anatomischen Lage entspricht.

Nicht nur Schwangerschaft und Geburt, auch hormonelle Veränderungen im Klimakterium und Alter beeinträchtigen die Beckenbodenmuskulatur. Durch die eingeschränkte Zellregeneration des Blasen- und Harnröhrenepithels kommt es zum unwillkürlichen Urinverlust bei Belastungen. Das lascher gewordene Muskelgewebe des Beckenbodens kann nicht mehr ausreichend stützen. Harninkontinenz und Senkungen der Unterleibsorgane sind die Folgen. Ein regelmäßiges, gezieltes Training der Beckenbodenmuskeln kann dabei helfen, Harninkontinenzbeschwerden zu beseitigen und einer Genitalsenkung vorzubeugen.

Die körperlichen Veränderungen beeinflussen die Psyche, und seelische Beeinträchtigungen wirken sich negativ auf körperliche Funktionen aus. Deshalb trägt eine auf Positives und Erfreuliches gerichtete Gemütslage viel zum Wohlbefinden bei und lässt auch gesundheitliche Störungen leichter bewältigen.

Therapie

Als letzte, wirkungsvolle Maßnahme wird bei einer Harninkontinenz operativ eingegriffen. Es gibt über 200 Varianten unterschiedlichster Operationsverfahren, aber nur sehr wenige aussagekräftige Langzeitergebnisse.

Zwingend für einen operativen Erfolg ist die Kenntnis des Operateurs über die Beschaffenheit des Gewebes. Dabei sind Elastizität, Stärke und Durchblutung des Gewebes maßgebend für die Entscheidung, welches Operationsverfahren geeignet ist. Diese Einschätzung bleibt somit weitgehend den persönlichen Erfahrungswerten des jeweiligen Operateurs überlassen. Nicht jede Senkung ist mit einer Inkontinenz verbunden.

Etwa 40 Prozent der Frauen mit einer Senkung der Gebärmutter oder der Scheide klagen über Blasenschwäche. Da die auftretenden Inkontinenzbeschwerden bei ähnlichen oder gleichen Senkungszuständen verschieden sein können, sind eine genaue Diagnostik und eine hohe Expertise für eine optimale Therapie erforderlich.

Durch kontinuierliches, intensives Beckenbodentraining können leichtere Senkungszustände und die damit einhergehenden Inkontinenzbeschwerden gemildert werden. Gleichzeitig schützt ein gestärkter Beckenboden davor, dass sich Senkungszustände verschlimmern.

Die konservative Therapie bei Senkungs- und Inkontinenzbeschwerden beruht auf einem ganzheitlichen Ansatz. Durch Stärkung der Beckenbodenmuskulatur werden der Beckenboden und das, was ihn belastet, bewusster wahrgenommen. Haltung und Bewegung verbessern sich, schweres Heben kann leichter vermieden werden, und speziell entlastende Bewegungsabläufe bei senkungsfördernden Tätigkeiten lassen sich gezielter üben und verinnerlichen. Dies trägt nicht nur dazu bei, Senkungs- und Inkontinenzbeschwerden zu mildern beziehungsweise zu beseitigen, sondern auch fortschreitenden Senkungszuständen aufgrund von Alterungsprozessen des Bindegewebes vorzubeugen.
Bei Belastungsinkontinenz als Folge einer erschlafften Beckenbodenmuskulatur sind physikalische Behandlungen (gegebenenfalls in Kombination mit einer Elektrostimulation und Biofeedback) und ein aktives Beckenbodentraining sehr erfolgreich.

Auch bei einer Schließmuskelschwäche der Blase und Harnröhre kann mit diesem Training eine merkliche Besserung der Beschwerden bis hin zur Beschwerdefreiheit erreicht werden. Bei Dranginkontinenz infolge einer Überaktivität im Blasenmuskel haben pflanzliche Stoffe wie Kürbiskerne, Johanniskraut- und Hopfenpräparate eine beruhigende, positive Wirkung. Auch Goldrute, Gewürzsumach und Ackerquecke wirken ähnlich wie die oft vom Arzt verschriebenen Anticholinergika, jedoch schwächer. Da die verschreibungspflichtigen Anticholinergika, die es auch als Pflaster gibt, oft starke Nebenwirkungen zeigen, sollte die medikamentöse Therapie immer nur Teil einer umfassenden Behandlung sein.

Als betroffene Patientin kann man einiges zur Milderung und Verbesserung beitragen: angefangen bei der Vermeidung von körperlichen und seelischen Belastungen, über das sich Aneignen schonender Verhaltensmuster bis hin zum Tragen geeignete Kleidung und die Wahl des richtigen Schuhwerks. Auch sind viel Bewegung und eine ausgewogene Ernährung inklusive ausreichender Flüssigkeitszufuhr förderlich. Bestehendes Übergewicht solle reguliert werden. Unumgänglich ist jedoch ein regelmäßiges Training der Beckenbodenmuskulatur.